Forschung - Höhlen am Baikalsee
von Sebastian Breitenbach
Wer zur Erforschung der Botovskaja Höhle (oder auch anderer Höhlen im Baikalgebiet) etwas zu erfahren sucht, macht meist bald die Entdeckung, dass noch sehr vieles im Dunkeln liegt. Als längste Höhle Russlands ist die Botovskaja ein gutes Beispiel dafür:
In den 40iger Jahren (1946) waren es Studenten um den Geologen Odinzov, die zum ersten Mal eine Expedition dorthin durchführten. Erst 1985 wurde die nächste Expedition unternommen, diesmal unter der Leitung Pupytkins. Es wurden dabei rund 1700m Gänge kartiert. Vier Jahre später untersuchten Geologen die Höhle etwas eingehender, die Kartierung wurde bis auf 4.5km vorangetrieben. Es wurden Schurfgruben ausgehoben, die Lithologie beschrieben, Proben genommen. Bis 1992 wuchs die Länge auf 8km an. Seit August 1992 führt nun der Speleoklub "ARABIKA" Expeditionen unter der Leitung Alexander Osinzevs durch. Seither wurden über 57km Gänge vermessen und kartiert.
Geforscht wurde dabei nur wenig. Inga Bude untersucht seit einigen Jahren das Mikroklima in der Höhle. Dabei wird das Augenmerk besonders auf das Eis im Eingangsbereich und Lufttemperatur gelegt.
Seit 2001 untersuche ich nun die Isotopenverhältnisse in Stalagmiten und Wässern der Höhle mit dem Ziel, Aussagen zum Paläoklima der Region um die Botovskaja machen zu können und möglicherweise auch die Genese und das Alter der Höhle ein wenig zu erhellen. Problematisch hierbei ist besonders die Seltenheit von Stalagmiten im weiteren Eingangsbereich der Botovskaja. Weiter wollen ab Winter 2003/04 tschechische Paleomagnetiker der Akademie der Wissenschaften am o.g. Schurf Proben für die Klärung des Alters und weiterer Daten nehmen. Nachfolgen soll auch ein längeres Projekt am GeoForschungsZentrum in Potsdam, bei dem verschiedene Höhlen auf paläoklimatische Faktoren hin untersucht werden.
Bisher fehlen jegliche Untersuchungen zur Fauna der Höhle, zur Paläontologie, zur Morphogenese; zum Mikroklima und auch zur Geologie sind nur wenige Daten vorhanden. Das Fehlen einer großmaßstäbigen Karte des Einzugsgebietes der Botovskaja macht erhebliche Schwierigkeiten beim Auffinden neuer Eingänge und der Erstellung eines GIS-gestützten Modells.
Ein weiteres Problem sind die angelaufenen Untersuchungen durch Geophysiker der Erdöl- und Erdgasfirmen, die im Gebiet der Botovskaja auf reiche Vorkommen hoffen. Sollte dies sich bewahrheiten ist die Frage zu stellen, ob die längste Höhle der Russischen Föderation geschützt werden wird, oder aber sie der Ausbeutung der Ressourcen zum Opfer fallen muss. Hier wäre die Errichtung eines Naturparks oder eines Landschaftsdenkmals anzustreben!
Insgesamt ist die Situation bei den meisten südsibirischen Höhlen (z.B. Dolganskaja Jama, Politechnitcheskaja) die gleiche: nämlich, dass sie durchaus mit viel Enthusiasmus kartiert, aber bisher nicht für die Forschung als Datenarchive genutzt wurden. Darüber hinaus werden Skandale bekannt, bei denen Firmen und Privatpersonen jede Scheu überwinden und die Höhlen als Deponie für hochgiftige Abfälle "nutzen" (z.B. Ikoninskaja). Höhlen müssen ob ihrer einzigartigen Ökotopsituation geschützt werden!