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Sächsische Zeitung - Bautzen

Bänke für den Baikalsee - Ein Interview mit Jan Löper 09. Oktober 2004 - von Christiane Ernek

Schon seit über vier Jahren interessiert sich Jan Löper für Russland. Die Liebe hat seine Begeisterung für das unendlich weite Land geweckt. Seine Frau Natalia, mit der er seit letztem Jahr gemeinsam in Dresden wohnt, stammt aus Samara an der Wolga. Diesen Ort kennt er mittlerweile wie seine Westentasche. "ich war bestimmt schon acht oder neun Mal dort", sagt der 26-Jährige. Einmal blieb er sogar länger und absolvierte ein fünfmonatiges Praktikum für sein Wirtschaftsingenieustudium.

Aber immer ein und der selbe Ort, das wurde ihm zu langweilig. Da stolperte ein guter Freund zufällig über die Homepage des Baikalplan-Projektes und gab dem Bautzner den entscheidenden Tipp. Der Baikalplan Verein strebt das ehrgeizige Projekt an, einen über 1800 Kilometer langen Wanderweg um den sibirischen See anzulegen. Dazu werden jedes Jahr mehrere Workcamps organisiert, bei denen Jugendliche aus aller Welt helfen, die herrliche Landschaft des Baikalsees für Wanderer zu erschließen. "ich war sofort Feuer und Flamme, als ich davon las", schildert Löper.

Extreme Wetterwechsel sind beeindruckend

Und so starteten er und seine Frau Natalia im Sommer gen Osten. Mit Zwischenstop in Samara nehmen sie schließlich Kurs auf Irkutsk am Baikalsee. "Die ersten tage haben wir bei Verwandten von meiner Frau verbracht", schildert der Student. Es war eine schöne Zeit, in der sie das Leben der Menschen am Baikalsee kennen lernten. "Wir sind viel gewandert und einmal sind wir mit den Fischern raus auf den See gefahren." - Besonders beeindruckt hat ihn das Klima. "Ich habe noch nie solche extremen Wettersituationen kurz hintereinander erlebt. An einem Tag war es extrem kalt und es sah schon ganz nach Winter aus. Am nächsten Tag als wir wandern waren, war es so heiß, dass wir durchgeschwitzt waren und 24 Stunden später herrschten wieder eisige Temperaturen und auf dem Gipfle lag Schnee", erzählt Jan Löper.

Nach den erholsamen tagen rückte der Arbeitseinsatz immer näher. Am 29. August trifft sich die Arbeitsgruppe des Baikalplan-Projektes zum ersten Mal auf der Insel Olchon. Elf Jungen und sogar 5 Mädchen sind in seinem Team. Normalerweise arbeiten die Gruppen erst und erholen sich dann gemeinsam noch eine Woche. "bei uns war es umgekehrt. Wir haben erst eine Woche auf Olchon relaxt", berichtet der Russland-Fan. Ein goldener Herbst empfing die jungen Leute am Baikalsee. Die Unterbringung erfolgte in typischen Holzhäusern.
In dieser Woche hatte er eine Begegnung, die er so schnell nicht vergessen wird. "Es hatte sich irgendwie rumgesprochen, dass ich früher aktiv Tischtennis gespielt habe und ein Mann forderte mich zu einem kleinen Match auf". das er haushoch verlieren sollte, denn er spielte, wie seine Nachforschungen ergaben, gegen den ehemaligen sowjetischen Landesmeister. "Das war schon ein tolles Erlebnis - ich bin mitten in Sibirien gegen so einen Spitzensportler angetreten", sagt Jan Löper stolz.

Anfang September beginnt schließlich der Arbeitseinsatz in dem Dorf Turka. "Unsere Aufgabe war es massive Holzmöbel für den Wanderweg zu bauen", berichtet der junge Mann. Dabei konnte das Team auf die tatkräftige Unterstützung der Dorfkinder setzen. So haben sie den Mitteleuropäern erst einmal den richtigen Umgang mit einer Säge beigebracht. "Für die Kinder aus Turka war unsere Gruppe eine willkommene Abwechslung. Das Dorf liegt abgelegen und es passiert ansonsten nicht viel" erklärt der Bautzener. Nachdem genügen Sitzmöglichkeiten geschaffen und auch ein massives Plumpsklo fertig gestellt waren, ging es zur nächsten Aufgabe über. Diesmal hieß es Müllsammeln am Strand von Turka.

"Vielen Russen fehlt leider noch das Umweltbewusstsein", weiß Jan Löper, "Die sagen sich, wir haben so viel Land, da ziehen wir einfach weiter, wenn es uns nicht mehr gefällt." Getreu diesem Nach-uns die Sintflut-Motto kam nach dem mehrtägigem Einsatz eine eine große Menge Müll zusammen. Auch die russische Methode der Entsorgung ist sehr interessant. "Wir sind extra mit dem Traktor, der den Müll abgeholt hat, mitgefahren, um zu sehen, wo die Müllkippe ist", berichtet er. "Leider gab es keine Müllkippe, sondern man nutzte dafür einfach den nächstgelegen Wald."

Wenn Löper an Turka zurückdenkt, fallen ihm jedoch nicht nur Arbeitseinsätze ein. "Wir haben auch oft Fußball gespielt gegen die Dorfjungs. Wenn die älteren Teenager mitgespielt haben, hatte unsere Campmannschaft keine Chance. Einmal haben wir sogar fünf zu eins verloren." Getroffen von der Niederlage trotteten sie in das Camp zurück. Dabei kamen sie an der Dorfkneipe von Turka vorbei, wo laute Gespräche die Neugier weckten. "Wir hatten noch richtig den Kopf zur Tür reingesteckt, da wurden wir schon als die Deutschen begrüßt und saßen mit einem großen Glas Wodka mitten in einer Geburtstagsfeier", erinnert sich Jan Löper zurück.

Über seine Erlebnisse am Baikalsee berichtet Jan Löper auch in einem Dia-Vortrag. Dieser wird am Freitag, dem 15. Oktober 2004, in der "Fabrik" unterhalb der Alten Wasserkunst gezeigt. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr.

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