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Camp 2 - Dawscha Bargusin Reservat 1. - 14. Juli 2007

von Egbert Leibner

Grait Baikal Trail - das klingt gewaltig, abenteuerlich, romantisch - und ist es auch. Doch der Reihe nach. Angefangen hat alles vor 28 Jahren - 5 Jahre Studium in Leningrad, gemeinsam mit meiner Frau und Töchterchen Katja in der ersten eigene Wohnung.

Die Zeiten haben sich gewandelt - nicht aber unsere Einstellung zu den Menschen in diesem Land. Wir wollten das neue Rußland kennen lernen und dabei auch nützlich sein, wollten prüfen inwiefern unser Russlandbild mit dem von der damaligen Sowjetunion noch übereinstimmt.

Und gleich vorweggenommen - der Massstab für uns, die Leningrader Zeit, war trotz vieler Unzulägichkeiten eine Schule des Lebens für unsere junge Familie und eine sehr schöne Zeit. Gibt es sie noch - die russische Seele, Gastfreundschaft, Offenherzigkeit, Stolz auf das Vaterland?

Ein Zeitungsartikel von Baikalplan e.V. war der Startschuss, Internetrechrchen, weitere Zeitungsartikel. Soll es das sein? Zweifel blieben- muss es gleich Sibirien sein? Fast zwei Jahre haben wir uns eher psychlogisch darauf vorbereitet,mit dem Fazit- wenn nicht jetzt und nach Sibirien - dann nie! Aber welches von den mehr als 25 Projekten wählen wir- Südbaikal,. Nordbaikal, Naturreservat im Nordosten....

Zeitgleich passte in unseren Plan ein Camp in der Nähe von Irkutsk. Aber neben Wegebau hies es dort "clean the trail". Aus vorherigen Reiseberichten habe ich das mit Müll einsammeln übersetzt- ein Fehler wie sich später zeigte. Deswegen wollte ich als Ausländer jedenfalls nicht nach Sibirien. Wenn schon Baikal, dann richtig Natur wo man nicht gleich wieder hinkommt, wo nicht jeder einfach hinfahren kann - Bargusinski Biosphärenreservat, in die Taiga zu Bär und Zobel und leider auch zu den Mücken. Dawscha, die ehemalige Naturschutz- und Rangerstation sollte für 14 Tage unser Ziel sein.

Im Dezember 2006 war unsere "psychologische Vorbereitung" abgeschlossen- ja wir werden es wirklich tun. Im Kreis der Verwandten und Bekannten hieß es dazu: "ihr müsst verrückt sein", "grandios- das würde ich auch gerne machen, aber mein Mann / Frau...."- alle Meinungen waren vertreten. Im Januar/Februar 2007 setzt dann reger e-mail Verkehr mit Russland und die unmittelbare Vorbereiteung ein- Kontakte zum Baikalplan e.V. in Dresden, zum BBT Büro in Irkutsk, zum GBT in den USA. Bis zum Ende der Reise, ja sogar darüber hinaus waren wir mit Problemen, Bitten, Wünschen nie allein gelassen worden- die Mitarbeiter des Büros in Irkutsk haben vorbildliche Arbeit geleistet, auch wenn vieles improvisiert wurde. Sie halfen bei der Beschaffung von Flug- und Zugtickets, holten uns am Flughafen und Bahnhof ab, sorgten sich um unser Wohlergehen vor Ort.

Doch jetzt zur Reise.
Von Berlin nach Moskau mit Airberlin fliegen (Internetbuchung)- kein Problem. Von Moskau nach Irkutsk mit S7 (Sibiria Airlines) mit gemischten Gefühlen eingestiegen und zufrieden aus dem Airbus 330 ausgestiegen- problemlos. Beim Ausstieg aus der Maschiene spiegelt sich unser grüner Flieger im superneuen Abfertigunggebäude wieder- toll. Doch nach dem kurzen Bustransfer zur Abfertigung steigen wir aus, stehen vor einer Holzbaracke vielleicht 15x15 m, beklebt und benagelt mit Hinweisschildern aller Art - und sind ratlos. Ca 250 Leute strömen gesittet durch die kleine Holztür- die alte und derzeit noch genutzte Abfertigung und Gepäckausgabe. Wir sahen das Gepäckkarusell und wussten spätestens jetzt, warum wir in Moskau unserer Rucksäcke in Folie wickeln liessen (170 Rbl.) Das Gepäckkarusell, es verdiente nur den Namen weil es sich wie ein Karusell mit ca 4m Durchmesser im Kreise dreht, aber ansonsten den Vorstellungen in keiner Weise entsprach. Mehr als 15 Koffer konnte es nicht fassen, aber es schien sehr robust und handgeschmiedet. Das unglaubliche geschah, jeder erhielt irgendwie sein Gepäck, unbeschädigt und relativ schnell. Keiner hat sich beschwert- es verlief nach russischen Massstäben- normalno.

Wir haben sofort die Folie von unseren Rucksäcken gerissen, aufgeschultert und wollten aus der Enge raus, doch vor uns eine kleine energische Beamtin: "Ihre Gepäckscheintickets und die Aufkleber zur Kontrolle bitte". So eine Sch...- hol die Folie aus dem Papierkorb, hoffentlich ist alles noch da, hat doch noch nie einer kontrolliert. Aber alles war da und wir schnell einen Raum weiter. Wir sind in Sibirien - vor uns viele Abholer mit Schildern. Für uns sofort zu erkennen " Egbert + Simone", wir bald erfahren von Julia und ihrer Freundin gehalten, zwei junge Studentinnen aus Irkutsk. Sie organisieren für uns einen Sitzplatz im preiswerten Minibus- Marschrutka - um ins Büro des BBT zu fahren. Unsere erste Erfahrung mit dem Nahverkehr- hier hat sich in 28 Jahren wenig verändert. Nach deutschen Massstäben wäre der Minibus weder auf der Strasse gewesen, sondern verschrottet worden, noch hätte der Fahrer bei 8 Sitzplätzen auch mal 10 Personen eingeladen. Nicht so in Russland, Raum ist in der kleinsten Hütte und so lange das Auto fährt braucht man sicher auch keinen TÜV. Auch in den Folgetagen der Reise werden wir bestärkt, dass ein Fahrzeug dazu da ist seine Funktion zu erfüllen und nicht Normen ( hoffentlich gilt das nicht für den Rückflug). Als gelernter DDR- Bürger haben wir die Auswirkungen der Mangelwirtschaft selbst zur Genüge praktiziert- improvisieren, das scheinbar unmögliche ermöglichen. Im heutigen Russland gibt es eigentlich nur einen Mangel- das Improvisieren ist also geblieben. (Über die Ausnahmen der russischen Neureichen sprechen wir hier nicht und das war auch nicht Ziel oder Inhalt unserer Reise)

Irkutsk empfängt uns mit Dauerregen. Der Versuch einer Stadtbesichtigung wird in Wasser ertränkt. Wir verbringen die Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges im Büro des BBT. Hier treffe wir erstmals Fred aus den USA, unseren Brigadier Sascha, Tanja unsere Dolmetscherin und Organisatorin und Tom vom Baikalplan e.V. aus Dresden und, und, und........

Wie aus diesem Kommen und Gehen, Teetrinken, Geprächen im noch existierenden Umzugschaos unsere Projekte entstehen und ernsthaft betreut werden, ist uns zu diesem Zeitpunkt schwer vorstellbar. Erste Zweifel kommen auf und werden gleich wieder niedergetreten. Wir lassen uns doch nicht wegen Dauerregen die Stimmung vermiesen, der ist schließlich Schuld dass wir hier fest sitzen.

Da wir in Deutschland keine Rubel tauschen konnten, es in Moskau vergassen, müssen wir es in Irkutsk tun. Tanja stiefelt mit uns durch den Irkutsker Regen- Geld am Automaten und wir sind beruhigt. Ach ja, wir haben auch noch keine Rückflugtickets von Severobajikalsk nach Irkutsk. Tanja geht erneut mit uns los. Im Vorfeld baten wir von Deutschland aus um die Organisation von Zugfahrkarten Irkutsk- Severobajikalsk- richtig auch das hat Tanja für uns organisiert. Wie eine gute Fee ist sie stets zur Stelle und dabei erst 20 Jahre jung. Endlich hat die Warterei ein Ende. Mit Fred und Sascha fahren wir in der Straßenbahn zum Bahnhof, überqueren das erste Mal die Angara, mein Gott ist die Elbe in Dresden klein.

Mir kommt es so vor als ob ich die Strassenbahn kenne, in Leningrad fuhren damals die gleichen, noch aus den besten Zeiten der Sowjetmacht- aber sie fährt! An einer endlosen Reihe von Kiosken vor dem Bahnhof haben wir auf Saschas Rat hin noch etwas Proviant gekauft, Brot, Salami, man weiss ja nie.

Das Erlebnis Transsib und BAM kann beginnen, 34 Stunden, 2 Nächte durch Sibirien von Irkutsk nach Severobajikalsk, 1755 km statt ca 600 km Luftlinie. In unserm Coupé erwarten uns zwei junge angehende Studentinnen am Technikum in Irkutsk beim Abendessen. Wir sind sofort eingeladen und haben fortan für 34 Stunden aufgeschlossene und offene Gesprächspartner. Fazit- die Mädels haben mit ihren 17 Jahren selbstverständlich Träume von der grossen weiten Welt, Arbeit im Ausland aber eigentlich stehen sie fest mit beiden Beinen im Leben, wollen das Studium in Irkutsk erfolgreich abschliessen, lieben ihre Eltern, sind Stolz auf sie und ihre einfache Arbeit fahren gern nach Hause und sie lieben ihr Severobajikalsk.

Die Fahrt war und ist eine willkommene Entspannung nach der Fliegerei- nicht mehr die Enge der Sitzreihen, eine eigene Liege, wenn auch nicht moderne so doch saubere WC-Anlagen, der vielgerühmte Tee aus dem Zugsamowar, mit den Augen das unendliche Grün der Wälder aufsaugen, Flüsse, Seen, vorbei am "Bratsker Meer, dem Stausee des Wasserkratfwerkes" viel Lesen- keiner denkt mehr an Arbeit. Ja, so fängt Urlaub an. Ankunft am Mittag im verregneten Severobaijkalsk- ein unerwartet moderner Bahnhof und Aljona empfangen uns.

Sie begleitet uns zum Hostel- einer von aussen nicht erkennbar modernisierten Zweiraumwohnung. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, das diese Wohnung zeitweilig 13 Leute beherbergen wird und wir mehr als gedacht hier übernachten werden. Wie sage ich immer- ein Plan ist eine Anleitung zum Handeln und kein unumstössliches Gesetz. Da wir zwei Tage zu früh am Startpunkt der Reise Severobaijkalsk angekommen sind haben wir das Glück gemeinsam mit unserem Brigadier, Aljona der Projektleiterin, Fred, Dima und Tanja den Einkauf für die 14- Tage durchzuführen. Ein Lob dem Brigadier- perfekt vorbereitet, an allles war gedacht, umfangreiche Apotheke (wir hätten unsere gar nicht gebraucht), Obst, Gemüse, Zucker......... eine lange Liste bis hin zu Leckereien für kleine und große Kinder, selbst sechs Dosen Bier für den Abschlussabend als Überraschung für die deutschen Bierliebhaber- Danke Sascha, es hat selten so gut geschmeckt!

Wir hatten kaum selbst Platz im Transporter so viele Kisten waren es. Noch haben wir hier nicht begriffen, dass wir vieles von dem Proviant zusätzlich zum persönlichen Gepäck und dem Werkzeug auf unserem Rücken oder in den freien Händen tragen werden. Vorfreude schönste Freude! Wir haben die Vorbereitungen in Deutschland hinter uns, sind nach Flug- und Bahnfahrt am Nordbaikal angekommen, waren Einkaufen, Zelte kontrollieren, Werkzeuge inventarisieren und, und, und das Camp hat noch immer nicht begonnen.Wir fühlen wir uns, als seien wir schon Wochen unterwegs.

Jetzt kommt´s. Sascha teilt uns mit: "Das Schiff nach Dawscha fährt erst in drei Tagen. Wir ändern den Plan. Seid ihr einverstanden, wenn wir drei Tage den Wanderweg nördlich vom Dörfchen Bajkalskoje "reinigen". Hätten wir etwas anderes als "ja " sagen können? Uns erwartete der örtliche Ranger Slawa, seine Frau und Töchterchen und anschliessende Bekanntschaft mit der herrlichen Natur des Nordbaikal. Unsere ersten Versuche die Trinkwasserqualität des Baikal zu prüfen verliefen erfolgreich und überzeugend für die gesamte Reisezeit.

Wie auf Bestellung zeigte sich auch das Wetter mit Beginn des offiziellen Camps von seiner besten Seite- Sonne satt und gut verträgliche Temperaturen um 25°C. Den Trail "Reinigen" hiess jedoch nicht Müll wegräumen (das war bis dato meine individuelle Übersetzung von "clean the trail") sondern den Weg begehbar machen oder halten, also Buschwerk beschneiden, Bäume aus dem Weg räumen etc. Ja das haben wir gerne getan, so haben wir uns das vorgestellt. Zusätzlich haben wir zwei Hinweis- und Orientierunhgstafeln aufgestellt. Wir leben in Zweimannzelten. Gekocht wird am offenen Feuer. Zum Küchendienst werden je ein Russe und ein Ausländer eingeteilt. Meine Frau darf mit Dima, Student für Weltwirtschaft, kochen. Ich werden mit Sally aus den USA, Sprachstudentin für Russisch, eingeteilt, da wir sprachlich als Halbrussen eingestuft werden und damit die Teamvoraussetzung erfüllen. Der Küchendienst hat zwei Privilegien- er darf die Sonne 1,5 Stunden früher sehen um Feuer für Tee und Kascha anzufachen und er geht nicht mit zur Arbeit. Wer jedoch unter diesen Umständen für ca 10 Leute schon mal gekocht hat wäre vielleicht doch lieber mit den anderen gegangen.

Diese drei herrlichen Tage enden mit Besichtigung von Bajkalskoje und leider auch mit Regen. Ein Transporter für acht Personen holt uns ab, eigentlich unmöglich für 9 Mann mit Rucksack und Aurüstung. Aber wo ein Wille ist, ist auch noch Platz. Eine Nacht im Hostel mit 13 Personen, es sei nochmals erwähnt eine Zweiraumwohnung, gab uns das Gefühl von chinesischen Verhältnissen auf dem Lande. Aber am nächsten Tag sollte es schließlich nach Dawscha gehen, dem eigentlichen Reiseziel. Vielleicht ist die Belegung des Hostels mit 13 Leuten ein Komforthotel im Vergleich dazu was uns dort erwarten wird? Im Sonnenschein warten wir im Hafen auf den Kutter. Rasch ist alles beladen und verstaut. Mit uns reisen Forscherteams, Wachablösungen vom Nationalpark und Besucher von Verwandten. Ca 10 Stunden soll die Überfahrt dauern, man spricht davon das es sehr kalt werden wird auf dem See, schwer vorstellbar wenn man die am Kai badenden Kinder beobachtet. Geplante Ankunftszeit ca 1 Uhr Nachts. Sally und mich trifft es, wir sind mit Küchendienst dran. Und das war abolutes Glück!

Die Crew vom Käpitän war noch nicht ganz fertig mit Essen und schon waren Sally und ich eingeladen- Herzlichwillkommen- Prost - unser erster Wodka, zum Abendessen das gleiche Prozedere wieder. Ja so macht kochen Spass, wie bei Biolek, aber der trinkt nur Wein. Die Kombüse bietet Platz für max 6 Personen - wir haben es inklusive Stehplatz auf 8 getrieben.

Es stimmte übrigens, es wurde mit Sonnenuntergang saukalt auf dem Schiff, alle suchten Schutz, keiner mehr auf den Bänken, alle eingemummelt oder im Bauch des Schiffes. Aber der Sonnenuntergang war schon ein Traum. Kurz vor Mitternacht stoppt das Schiff, sind wir schon da, nein, einer der Nationalparkranger wird im Schlauchboot zur Wachablöung abgeholt. Ca eine halbe Stunde später die zweite Wachablösung. Bald müsssen wir da sein. Es ist außer der Schiffsbeleuchtung zappenduster am Landesteg. Wir werden schon erwartet- Mücken. Etwas desorganisiert und müde finden wir unser neues Zuhause- der ehemalige Club der Rangerstation Dawscha. In seinen besten Zeiten hat der Ort ca 100 Menschen beherbergt, hatte eine eigene Landebahn für Flugzeuge, eigene Schule und unseren Club. Wir schlafen auf Doppelpritschen in einem Raum mit Ilja unserem Ranger und Sascha III. ( zur Erklärung Sascha I. also Alexander war russischer Zar und längst gestorben, Sascha II. ist unser Brigadier, also kommt als nächster Sascha III.) Irgendwie muss man die Leute ja bei gleichen Namen auseinanderhalten. Für die Hygiene haben wir drei Herzhäuschen in Sichtweite, eine echte Banja (leider zu wenig genutzt), frisches Wasser aus einem Brunnen zum Selberholen, diverse Schüsseln und Eimer, den Baikal und den absoluten Luxus - eine eigene warme Quelle. Zwei Anmerkungen müssen aber hier erlaubt sein- erstens ist das Brunnenwasser mehr als herzerfrischend, einfach nur saukalt wie aus der Mitte des Baikals, ca 9 °C und zweitens- die zwei im Fussboden eingelassenen Badewannen in dem Häuschen über der Quelle sind wie das Haus selbst nicht für schwache Gemüter. Am besten man trägt eine Augenbinde und geniesst das herrlich warme und heilende Wasser.

Dawscha- wir sind da, haben ausgeschlafen, gut gegessen, wo ist die Arbeit? Ilja unser zuständiger Ranger erklärt uns die Arbeiten- ca 150 m Holzzaun abreisen, zu Feuerholz verarbeiten, eine verfallene Zobelzuchtfarm am Dorfrand abreissen und das Gelände zur Übernahme durch die Natur vorbereiten. Die Arbeit macht Spass, alles läuft im Team ab. Auch die Mädchen wollen sich beweisen und fordern die Arbeit mit Axt, Säge und Brechstange. In einer der Hütten finden wir Unmengen von Wodka- und Sektflaschen. Entweder die Zobelzucht war nur mit Alkohol erfolgreich zu gestalten oder die Zobel haben heimlich mitgetrunken.

Ilja hat sich mit seinen 21 Jahren hervorragend um uns gekümmert- zu erst sei hier sein Fischessen am Strand erwähnt- Suppe aus frisch gefangenem Omul, gegrillter Charius und Omul- wir haben gegessen bis zum Umfallen. Am Abend dann geräucherter Fisch und Fischsalat. Grandios.

Ilja führt uns im Museum durch die Geschichte des Dorfes, zeigt uns die Spuren der Bären in unmittelbarer Nachbarschaft und führt uns zur Waldbrandbeobachtungstation. Die Zeit vergeht schnell und wir haben unseren Rhythmus gefunden. Unerwartet kommt Sascha unser Brigadier mit der Information, wir reisen bereits übermorgen ab, aus 10 Tagen werden also nur acht. Wie schon gesagt- ein Plan ist die Anleitung zum Handeln. Das Schiff wird von imaginären Farhplänen bestimmt- darauf haben wir keinen Einfluss. Als "echte Volontaire" verlassen wir Dawscha, die Mücken sind schon vergessen. Wahrscheinlich werden wir nie wieder im Leben die Gelegenheit haben an diesen Ort zurückkehren zu können. Wir sind stolz auf den Entschluss Dawscha als Camp gewählt zu haben, sind Stolz auf die geleistete Arbeit und haben Hochachtung vor den Menschen die hier leben, arbeiten und sich dem Schutz des Biosphärenreservats mit Leib und Seele verschrieben haben. Mit etwas Wehmut sagen wir dennoch "Auf Wiedersehen".

Zehn Stunden später betreten wir das Festland von Severobajikalsk und beziehen erneut Quartier im Hostel, waschen Wäsche, geniessen warmes Wasser aus der Leitung und Bier zum Abendessen. Die Gedanken wandern zwischen dem einfachen Leben in Dawscha, dem Luxus in Deutschland und dem jetzigen in Severobajkalsk. Das Herz schlägt für Dawscha,trotz aller Entbehrungen. Das Leben dort ist ehrlich, herzlich und ohne Schminke. Zum ersten Mal trennt sich unsere Gruppe. Eine Bergwanderung erweist sich als zu schwierig und schlecht vorbereitet. Tanja,Studentin aus Irkutsk für Geschichte und wir kehren auf halber Strecke um und fahren zurück ins Hostel. Unser Plan steht fest- die Stadt erkunden, Baden gehen und die Seele baumeln lassen. Beeindruckend war das BAMMuseum für uns. Als einzige Besucher erhalten wir eine Prinzenführung. Im Ort selbst stossen wir immer wieder auf Losungen zu Ehren der BAM und deren Erbauer. Die nur 25- jährige Stadt strotzt vor Widersprüchen- ärmliche Holzhäuser aus denen Damen in Festtagsrobe auf Highheels zum Taxistand gehen, daneben modernste Eigenheime, skurile Holzhäuser mit ihren Anbauten, PKW`s aus Sowjetzeiten die längst das Rentenalter überschritten haben neben modernen japanischen Autos mit Recht- und Linkslenkung.

An vielen Stellen müssen wir erkennen, dass im Bewusstsein der russischen Bevölkerung Schutz und Erhaltung der Natur leider noch keinen grossen Stellenwert einnehmen. Viele denken noch die Natur reinigt den menschlichen Müll mit der Zeit von allein, bzw. wir haben soviel Natur, das macht doch nichts. Mit dem Auto wird direkt an den Strand gefahren, Altreifen im Baikal.... Am letzten Abend im Hostel feiern wir neben dem Geburtstag von unserer Dolmetscherin Tanja auch unseren Abschied. Jeder erhält eine Teilnehmerurkunde. Uns wird bewusst was wir in diesen fasst drei Wochen alles erlebt haben. Als Mama und Papa werden wir in der Urkunde verewigt und sind stolz darauf.

In der Teilnehmerbefragung haben wir angekreuzt, dass wir nicht planen eine solche Reise wieder zu unternehmen. Mit jedem Tag im deutschen Alltag zurück hat sich diese Meinung geändert- ja wir würden es gern wieder tun

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